Willkommen im Patriarchat – wie kann ich helfen?
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Carework im Patriarchat: Eine feministische Perspektive
Die unsichtbare Arbeit im Haushalt, die Pflege von Angehörigen und die emotionale Unterstützung sind wesentliche Aspekte des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Diese Tätigkeiten, die oft unter dem Begriff "Carework" zusammengefasst werden, sind jedoch in patriarchalen Strukturen traditionell den Frauen zugewiesen und werden meist weder ausreichend anerkannt noch entlohnt. In diesem Artikel möchte ich aus einer feministischen Perspektive beleuchten, warum Carework im Patriarchat problematisch ist und welche Veränderungen notwendig sind, um eine gerechtere Verteilung und Wertschätzung dieser Arbeit zu erreichen.
Wo finden wir diese patriarchalen Strukturen?
Heute hat es den Anschein, viele Menschen lebten schon in einer „Postgender-Welt“, in der es keine strukturelle Diskriminierung von Frauen mehr gäbe. Das ist ein Irrglaube! Mag das Patriarchat in der heutigen Zeit auch nicht mehr so deutlich erkennbar sein, wie dies vielleicht noch vor 50 Jahren der Fall war, so reicht dennoch ein kurzer Blick in die Politik, in Unternehmensvorstände oder auf den Arbeitsmarkt, um zu erkennen, dass patriarchale Strukturen bis heute wirken.
Ein erstes Indiz dafür gibt die sogenannte gläserne Decke. Trotz der Einführung der Frauenquote übersteigt der Frauenanteil in Führungsetagen von Unternehmen selten einen Wert von 30 %. In der Politik zeichnet sich ein ähnliches Bild. Im aktuellen Bundestag beträgt der Frauenanteil gerade einmal 31 %. (Zitat: Quelle: https://www.gleichstellung-im-blick.de/die-entwicklung-des-patriarchats-und-wo-sie-es-heute-noch-finden-koennen/)
Was ist Carework?
Carework umfasst alle Tätigkeiten, die darauf abzielen, das Wohlbefinden anderer zu sichern. Dazu gehören:
Hausarbeit: Putzen, Kochen, Waschen und andere haushaltsnahe Dienstleistungen.
Pflegearbeit: Betreuung von Kindern, Pflege von kranken oder älteren Angehörigen.
Emotionale Arbeit: Unterstützung und emotionale Fürsorge, die oft unsichtbar bleibt, aber von enormer Bedeutung ist.
In vielen und vor allem patriarchalen Gesellschaften wird diese Arbeit größtenteils von "Frauen- , oder weiblich gelesenen Menschen" geleistet, was die ökonomische Unabhängigkeit und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten von weiblich gelesenen Menschen einschränkt.
Historische Wurzeln und aktuelle Folgen
Historisch gesehen wurden Frauen in vielen Kulturen auf häusliche Rollen reduziert, während Männer als die hauptsächlichen Ernährer galten. Diese Rollenverteilung hat sich in den gesellschaftlichen Strukturen tief verwurzelt und ist auch heute noch spürbar. Frauen übernehmen in heteronormativen Partnerschaften und Familienkonstellationen nach wie vor den Großteil der Carework.
Die Folgen dieser ungleichen Verteilung sind vielfältig:
Ökonomische Benachteiligung: Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer, nicht zuletzt, weil Carework oft unbezahlt oder schlecht bezahlt ist. Das macht sich besonders auch in der Altersvorsorge bemerkbar.
Doppelte Belastung: Frauen, die erwerbstätig sind, übernehmen zusätzlich zur Erwerbsarbeit den Großteil der Care-Arbeit, was zu Überlastung und gesundheitlichen Problemen führen kann.
Karrierehindernisse: Wegen der Verantwortlichkeiten im häuslichen Bereich haben Frauen oft weniger Zeit und Energie, um in ihren Berufen voranzukommen.
Patriarchat und Carework: Ein ungleiches Verhältnis
Das Patriarchat fördert und erhält die ungleiche Verteilung von Carework durch verschiedene Mechanismen:
Geschlechterstereotype: Von klein auf werden Mädchen und Jungen in Rollenbilder gepresst, die Frauen als fürsorglich und Männer als starke Versorger darstellen.
Ökonomische Strukturen: Berufe, die mit Carework verbunden sind (z.B. Pflegeberufe), sind schlechter bezahlt und gesellschaftlich weniger angesehen.
Politische Rahmenbedingungen: Fehlende oder unzureichende Unterstützung durch staatliche Maßnahmen wie Elternzeit, Kinderbetreuung und Pflegeleistungen verstärken die private Übernahme von Carework durch Frauen.
Wege zu mehr Gerechtigkeit in der Carework
Um eine gerechtere Verteilung und Anerkennung von Carework zu erreichen, sind tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen notwendig. Einige wichtige Schritte sind:
Bewusstseinsbildung: Die gesellschaftliche Anerkennung der Bedeutung von Carework muss gestärkt werden. Bildungsprogramme und Medienkampagnen können dazu beitragen, traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen.
Gerechte Bezahlung: Tätigkeiten im Bereich der Carework müssen fair entlohnt werden. Dies betrifft sowohl professionelle Pflegeberufe als auch staatliche Unterstützungsleistungen für häusliche Pflege.
Politische Maßnahmen: Regierungen müssen Rahmenbedingungen schaffen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Carework erleichtern. Dazu gehören umfangreiche Elternzeitregelungen, flexible Arbeitszeiten und eine flächendeckende, qualitativ hochwertige Kinder- und Altenbetreuung.
Männer, oder männlich gelesene Menschen in die Pflicht nehmen: Sie müssen stärker in die Care-Arbeit eingebunden werden. Dies kann durch gezielte Anreize, wie beispielsweise Elternzeitquoten für Väter, gefördert werden.
Fazit
Carework ist eine unverzichtbare Säule unserer Gesellschaft, die jedoch im patriarchalen System systematisch unterbewertet und ungleich verteilt ist. Aus einer feministischen Perspektive ist es unerlässlich, diese Strukturen zu durchbrechen und sowohl eine gerechte Verteilung der Carework als auch ihre gesellschaftliche und ökonomische Anerkennung zu erreichen. Nur so können wir eine wirklich gleichberechtigte Gesellschaft schaffen, in der die Arbeit der Fürsorge und Pflege nicht mehr als unsichtbare Last auf den Schultern der Frauen - weiblich gelesenen Menschen liegt, sondern als gemeinschaftliche Verantwortung aller anerkannt und geteilt wird.